Disneyland Berlin: Nirgendwo in Deutschland sonst pulsiert das Leben so stark wie in der Hauptstadt. Es gibt sicherlich viele Gründe, die dafür sprechen, nach Berlin zu ziehen und dort zu leben. Aber es gibt auch einige Gründe, warum es sich nicht lohnt in der Hauptstadt zu wohnen. Wir beschäftigen uns nun mit der Frage: Warum sollte man nicht nach Berlin ziehen?
Disneyland Berlin: overtourism und overhyped
Berlin hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten zur absoluten kommerziellen Techno-Partyhochburg und Späti-Disneyland in Europa entwickelt. Selbst aus Übersee zieht es Touristen in die zahlreichen Berliner Bars und Clubs der Kieze in Berlin. Die Übernachtungsmöglichkeiten in Berlin sind vergleichsweise günstig. Die Spätis versprechen den Besuchern der Hauptstadt billigen Alkohol zum Vorglühen.
Zur Hauptsaison, die sich vom Frühling bis zum Herbst erstreckt, ist die Stadt an bestimmten Stellen maßlos überfüllt mit feierwütigen Menschen. Wir reden hier also von Massentourismus. In den Szene-Bezirken laufen abends Horden von Betrunkenen durch die Straßen, die Parks sind überfüllt und verwandeln sich nach und nach in Wüstenlandschaften und an vielen Ecken fängt es an nach Urin zu riechen. Ein kräftiger Regen bringt für gewöhnlich Entspannung für die Nase.
Die lokale Gastronomie nutzt ihre Chance und hebt in den touristischen Hotspots die Preise ordentlich an. Gleichzeitig sinkt gefühlt massiv die Qualität der Services, der angebotenen Speisen und der Getränke. Ein typisches und nicht neues Phänomen an touristischen Orten.
Ein mittelmäßiges Avocado-Wohlfühl-Sandwich für 9,50 Euro in einer Neuköllner Hipster-Bar? Kannst du haben! Ein dreifach geschäumter Latte Macchiato mit Bio-Hafer-Reis-Mandelmilch für 5,50 Euro in Kreuzberger Café? Geht in Ordnung! Eine Quinoa-Reis-Zucchini-Bowl mit Limette für 19,90 Euro im Prenzlauer Berg? Ja! Aber trotzdem:
Berlin is so awesome!
Diesen Satz hört man dieser Tage nicht selten!
Mülllandschaften in bestimmten Bezirken
Mit dem Massentourismus entsteht Müll – oder besser gesagt Landschaften aus Müll. Zwar hat sich die Stadt in den letzten Jahren sehr bemüht das Müllproblem in den Griff zu bekommen, indem große Container in die Parks aufgestellt werden, aber wirklich sauber sieht anders aus. Besonders in kleinen, zentralen Parks wie der Boxhagener Platz in Friedrichshain fällt dies natürlich schnell auf.
Immerhin: Nach großen Events rücken die Berliner Stadtreinigungsbetriebe schon mal mit Baggern und Kippladern an, um den Müll von den Straßen zu entfernen – wie zum Beispiel am alljährlichen Karneval der Kulturen.
Für Tiere sind die Müllberge natürlich ein gefundenes Fressen. So huschen gut und gerne vermehrt Ratten und Mäuse durch die Parks. Raben und andere Vögel durchwühlen den Müll nach Essen und hinterlassen ihrerseits ein Chaos um die überfüllten Müllcontainer herum.
Berlin is so awesome!
Angespannter Wohnungsmarkt und Mietwahnsinn
In den letzten Monaten sind die Preise für Neuvermietung in Berlin mal wieder kräftig angestiegen. Berlin ist hinter München hinsichtlich der Mieten jetzt die zweitteuerste Stadt in Deutschland laut Immowelt. Die Preise auf den Internetplattformen für die Wohnungssuche explodieren förmlich. Aber hier handelt es sich um Angebotsmieten. Was ist mit den Bestandsmieten?
Die Bestandsmieten in Berlin befinden sich laut aktuellem Mietspiegel vergleichsweise auf einem verträglichen Niveau. Das ist soweit gut. Aber viele Mieter verharren in ihrer Wohnung, weil sie aufgrund des Wohnungsmangels oder der teuren Wohnungsangebote schlichtweg einfach nicht umziehen können „Lock-in-Effekt“. Und dort, wo es eventuell günstige Wohnungen gibt, möchte man nicht unbedingt gerne wohnen.
Günstige Wohnungen in guten Lagen sind selten verfügbar und dementsprechend hart umkämpft. Das zeigt ein kürzliches Beispiel aus Berlin-Charlottenburg: Eine Besichtigung für 3-Zimmerwohnung für 1074 Euro Warmmiete musste abgebrochen werden. Bei der Besichtigung bildete sich nämlich eine 150 Meter lange Schlange vor der Haustür. Das ist leider die Normalität.
Berlin is so awesome!
Überfüllte U-Bahnen und S-Bahnen
Immer mehr Menschen steigen vom Auto auf die öffentlichen Verkehrsmittel um. Das ist umweltfreundlich und an sich sehr zu begrüßen. Das Problem: Der Berliner Nahverkehr ist nur begrenzt darauf vorbereitet. Der BVG (Berliner Verkehrsbetriebe) fehlen nachweislich Wagen und Personal, der S-Bahn Berlin fehlen Personal und Wagen.
Zur Rushour sind die Züge meist überfüllt. Entweder man quetscht sich wie eine Sardine noch irgendwie in einen Wagon rein oder man wartet die nächsten Züge ab – wenn sie denn kommen. Die S-Bahn Berlin, eine Tochtergesellschaft der Deutschen Bahn, gehört nicht zu den zuverlässigsten Fortbewegungsmitteln der Stadt. Für das Jahr 2021 muss das Unternehmen rund 26 Millionen Euro Strafe an das Land Berlin wegen Verspätungen und ausgefallenen Züge zahlen.
Berlin is so awesome!
Lange Wartezeiten bei Behörden
Einen Personalausweis oder Reisepass bei den Berliner Bürgerämtern beantragen? Das kann dauern und schon gar nicht spontan! Die Bürgerämter in Berlin sind an vielen Stellen überlastet. Das liegt sicher nicht an den Sachbearbeitern, sondern an der politischen Trägheit, den öffentlichen Dienst als Arbeitgeber attraktiv zu machen und die Digitalisierung an den örtlichen Behörden voranzutreiben. Wie die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel schon sagte:
Das Internet ist für uns alle Neuland.
Termine sind über Wochen hinweg nicht zu bekommen und wenn, dann nur mit viel Glück. Häufig muss man dazu dann zu Bürgerämtern fahren, die in der Prärie der Hauptstadt liegen.
Berlin is so awesome!
P.S.
Ansonsten in Berlin eigentlich eine ganz nette Stadt zum Leben.
Quellen
Tagesspiegel (2023): Unpünktliche und ausgefallene Züge: S-Bahn muss mehr als 26 Millionen Euro wegen Minderleistungen an Berlin zahlen. https://www.tagesspiegel.de/berlin/unpunktliche-und-ausgefallene-zuge-s-bahn-muss-mehr-als-26-millionen-euro-wegen-minderleistungen-an-berlin-zahlen-8860648.html, [15.04.2023]Von Berlin bis München: Wo die Mieten besonders explodieren. https://www.stern.de/wirtschaft/immobilien/miete–von-berlin-bis-muenchen—wo-die-preise-besonders-explodieren-33375316.html, [15.04.2023]
Tagesspiegel (2023): 150 Meter lange Schlange in Berlin-Charlottenburg: Öffentliche Wohnungsbesichtigung muss abgebrochen werden. https://www.tagesspiegel.de/berlin/150-meter-lange-schlange-in-berlin-charlottenburg-offentliche-wohnungsbesichtigung-muss-abgebrochen-werden-9610940.html, [15.04.2023]
Berliner Kurier (2023): Behörden-Versagen in Berlin: Keine Online-Termine im Bürgeramt in Sicht – nur in DIESEM Bezirk haben Sie noch Chancen. https://www.berliner-kurier.de/berlin/keine-online-termine-im-buergeramt-in-sicht-nur-in-diesem-bezirk-haben-sie-noch-chancen-li.308232, [15.04.2023]